Fluggäste stellen immer mehr Schlichtungsanträge
25.07.2017

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Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist die Zahl der Beschwerden bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) erneut gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der eingereichten Schlichtungsanträge um 27 Prozent gewachsen.

Aus einer Bilanz der Schlichtungseinrichtung geht hervor, dass zwischen Januar und Juni rund 6.900 Beschwerden eingegangen sind. Gut drei Viertel der Fälle betrifft Verspätungen und Ausfälle von Flügen. Fluggäste liegen also bei der Einreichung von Beschwerden und Schadensersatzforderungen weit vorn.

Anfang des Jahres wurde bereits für das Jahr 2016 von Rekordzahlen und einem enormen Anstieg gesprochen. Dieser Trend scheint sich fortzusetzen. SÖP-Geschäftsführer Heinz Klewe erklärt den Zuwachs mit der zunehmenden Bekanntheit der Schlichtungseinrichtung. Immer mehr betroffene Passagiere nutzen den Service der Einrichtung, um Ansprüche geltend zu machen. Es sei jedoch in der ersten Hälfte des Jahres auch vermehrt zu Problemen mit der „Abwicklung des Flugangebots“ gekommen.

Die SÖP ist eine Schlichtungsstelle der Bundesregierung für Luftverkehr, Bahn, Fernbusse und Schiffsverkehr. Die vermittelt zwischen unzufriedenen Kunden und den Verkehrsunternehmen, in den meisten Fällen geht es um Entschädigungszahlungen aufgrund von Verspätungen oder Ausfällen von Flügen oder Fahrten. Bei diesem Schlichtungsverfahren entstehen für den Verbraucher keine Kosten.

In etwa 80 Prozent der Fälle kommt es zu einer Einigung zwischen Unternehmen und Kunden. Die Schlichtungsempfehlung der SÖP wird dann von beiden Parteien anerkannt und Folge geleistet. „Reisende sparen durch die Schlichtung Geld, Zeit und viel Ärger, denn sie müssen sich weder Rechtsanwälte noch Gerichte bemühen“, erklärt Klewe.

Den Ärger über verspätete Flüge, verpasste Anschlussverbindungen, Gepäckverlust oder sogar Flugausfälle kennen viele Reisende, doch oft sind die Betroffenen nicht über ihre Fluggastrechte informiert oder es fehlt ihnen die Bereitschaft, einen Anwalt einzuschalten und vor Gericht zu gehen.

Tatsächlich haben Fluggäste laut EU-Verordnung bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden oder bei Annullierungen einen Anspruch auf pauschale Ausgleichszahlungen. Der Wert variiert dabei je nach Streckenentfernung. Im Falle von Verspätungen auf Langstreckenflügen ist die Airline verpflichtet, bis zu 600 Euro Entschädigung zahlen, für Kurzstrecken liegt der Betrag bei 250 Euro (EU-Strecken bis 1.500 Kilometer) oder 400 Euro (EU-Strecken über 1.500 Kilometer oder Flug von oder zu einem Flughafen eines Nicht-EU-Staates bei einer Entfernung von 1.500 bis 3.500 Kilometer).

Wenn ein Flug gestrichen wurde, muss der Ticketpreis voll erstattet werden oder für eine alternative Beförderung gesorgt werden. Wenn die Annullierung weniger als 14 Tage vorher bekannt gemacht wurde, haben Passagiere unter Umständen zusätzlich Anspruch auf 125 bis 600 Euro Schadensersatz.

Das EU-Recht gilt für alle Flüge, die aus einem europäischen Land starten sowie für solche, die in einem EU-Land landen und von einer Airline durchgeführt wurden, die ihren Sitz in einem EU-Mitgliedsstaat hat. Die Fluggesellschaften müssen jedoch nur zahlen, wenn nicht außergewöhnliche Gründe für die Verspätung oder den Ausfall verantwortlich sind, zum Beispiel, wenn die Wetterbedingungen einen planmäßigen Abflug nicht zulassen.

Das Schlichtungsverfahren der SÖP bietet einen einfachen und vor allem kostenlosen Weg, über den Verbraucher ihre Fluggastrechte beim Verkehrsunternehmen einfordern können. Ein Antrag auf Schlichtung kann online ausgefüllt und abgeschickt werden.

Bisher beteiligen sich 360 Unternehmen an dem Verfahren der SÖP, darunter auch 46 Fluggesellschaften. Neben den deutschen Airlines zählen auch Gesellschaften wie Air France, KLM, Emirates, Ryanair und easyJet zu den Mitgliedern.

Im Vergleich zum Vorjahr kam es zu einem deutlichen Zuwachs der beteiligten Verkehrsunternehmen. Die Zahl stieg in zwölf Monaten von 260 auf 360 Mitglieder der SÖP, darunter allerdings lediglich 5 neue Fluggesellschaften.

Um Forderungen bei Fluggesellschaften zu stellen, die nicht am SÖP-Verfahren beteiligt sind, können Betroffene sich an die Schlichtungsstelle Luftverkehr beim Bundesamt für Justiz wenden.

Das Schlichtungsverfahren kann sich jedoch genau wie eine Gerichtsverhandlung über mehrere Monate hinziehen. Es gibt alternativ auch Fluggastportale, die Ausgleichsforderungen von Fluggästen für etwa 60 Prozent des Gesamtwerts kaufen. So erhalten die Betroffenen zwar nicht den vollen Entschädigungsbetrag, müssen allerdings nicht lange auf die Auszahlung warten.

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